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Kahlköpfig kopflos



Er baut sich vor mir auf.
Kahlköpfig kopflos.
Denke: Dem geht’s nicht gut.
Blicke auf sein Kind.
Das Spielt, - da,
neben seiner Decke, neben seiner Frau.

Samstagnachmittag. Es ist heiß am Kanal.

Am Kanal, wo alle auf einer Decke liegen.
Nur ich nicht, weil er sich vor mir aufbaut.
Kahlköpfig kopflos.
Denke: Der hat keine Arbeit.

Arbeitet sich Stück für Stück heran,
er an mich.

Auge in Auge stehen wir uns gegenüber.
Merke: Ich bin kleiner,
wahrscheinlich auch schwächer.

Schwächer, werden seine Nerven:
„Passiert das noch mal, bring ich dich um.“
Spuckt er mir haltlos ins Gesicht.

Hatte seinem Kind beim Spielen zugeschaut.
Fand das interessant,
hatte seiner Frau beim Ankommen, beim Ausziehen zugeschaut.
Fand das auch interessant.
Da am Kanal,
wo alle auf einer Decke liegen und anderen zuschauen.

Nur ich nicht, weil er vor mir aufgebaut steht.
Kahlköpfig kopflos.
Denke: ‚Der braucht Hilfe.’

Blicke auf sein Tatoo.
(Blutiges Messer an blutigem Hals.)

Er nutzt den Augenblick Ablenkung und tritt meinen Hund.

Murmel freundliches: “Ey.“

Denke: “Arschloch“.

Sage vorsichtig: “Vielleicht kann ICH dir helfen.“

Sein Kind starrt herüber.

Seine Frau starrt weg,
Zu den anderen dort am Kanal,
die alle auf ihren Decken liegen,
die ängstlich nicht mehr hinschauen,
lieber dösen, oder heimlich lesen.

Wir starren uns tief in die Augen.
Wie Tiere.

Spüre, wie die Sicherheit das Weite sucht.

Er sieht besser aus als ich.

Ich, der ich gerade jetzt an allem Schuld bin, was ihm je schon passiert ist.

Verstehe das.
Sage: “Nicht doch, denk an dein Kind.“

Er knurrt.
Es klingt gefährlich.

Sein nackter Oberkörper macht mir Angst.

Rieche seinen Schweiß.

Es ist heiß, da Am Kanal, wo alle auf einer Decke liegen.

Nur ich nicht, weil er sich weiter vor mir aufrichtet,
den Blick nicht wendet.

Kahlköpfig kopflos.

Denke in der Tiefe des Blickes:

„Kopfnuss. Jetzt, als meine letzte Rettung.“

Denke: „Nein.“
Denke: „Nicht seine Sprache sprechen.“
Denke: „Verstehen.“
Denke: „Toleranz.“
Denke: „Liebe deinen Nächsten.“
Denke: „Der Klügere gibt nach.“
Denke: „Der Klügere bin ich.“
Denke: „Soziale Verantwortung“

Denke: „Ghandi.“
Denke: „Jesus.“
Denke: „Armes Opfer der Umstände.“
Denke: „….

Denke: „Stop.“

Denke: „Handeln.“


Zische ihn heiser an:
„Aggressive Fotzenknechte wie du sind das Krebsgeschwür am Arsch eines friedlichen Samstagnachmittags. Du bist ist ein Wurm. Ein Täter“

Ziehe meine Wumme. Halte sie direkt zwischen seine sprachlosen Augen und drücke ab.

Spüre, dass sein verschissenes Leben, das nichts rechtfertigt an seinem inneren Auge vorbeizieht.


Es ist heiß hier am Kanal,
wo alle auf einer Decke liegen und zuschauen.
Nur ich nicht,
weil ich jetzt nach Haus geh und warte bis die Bullen kommen.















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